Ein Weihnachtswunder

Ein Weihnachtswunder

Franziska und Franz wohnten nun schon fast ein Jahr zusammen. „Zu zweit werden wir ein besseres Leben haben!“ Mit diesem Satz hatte Franz seine Franziska über die Schwelle getragen. Die Miete bezahlten sie zu gleichen Teilen, für die Möbel und die elektrischen Geräte hatten sie einen gemeinsamen Kredit aufgenommen. Franziska stellte ihre Schildkröte aus Muranoglas neben den Router aufs Regal. „Was soll denn das sein?“ fragte Franz mit hochgezogenen Augenbrauen. „Mein  Glücksbringer.“ antwortete Franziska. „Eine blaue Schildkröte mit roten Punkten? Naja. Von mir aus.“ Bald kehrte der Alltag ein. Franziska und Franz arbeiteten. Oft waren sie abends zu müde, um sich noch ein nettes Wort zu sagen. Vor kurzem ereignete sich etwas Seltsames, weil Franziska Freundinnen eingeladen hatte, die Sekt trinkend und Kekse essend am Tisch saßen, als Franz viel später als üblich nach Hause kam. Grußlos ging Franz ins Schlafzimmer und kam nicht mehr heraus. Die Freundinnen verabschiedeten sich bald und entschuldigten sich, dass sie so lange geblieben waren. „Wir wollten nicht stören. Hoffentlich bekommst du keine Schwierigkeiten.“ sagten sie. „Aber nein. Das ist ja auch meine Wohnung. Zu Franz kommen auch immer wieder einmal Freunde zum Fußballschauen und Biertrinken.“ gab Franziska lachend zurück. Als Franziska ins Schlafzimmer kam, spielte Franz mit seinem Handy und sagte kein Wort. „Was ist denn mit dir?“ fragte Franziska. „Du hättest wenigstens Hallo sagen und ein Vanillekipferl probieren können.“ „Sind die Hühner endlich gegangen? Dann darf ich ja jetzt wohl meine Küche benutzen und mir was zum Essen richten, oder?“ Mit diesen Worten verließ Franz das Schlafzimmer. Als Franziska aus der Dusche kam, war Franz weg. Und die blaue Schildkröte auch. Das sah Franziska aber erst, als sie zum Router ging, um nachzusehen, warum sie keine Internetverbindung hatte. Franz hatte ihr offensichtlich das
Internet abgedreht! Franziska weinte sich alleine in den Schlaf. Am nächsten Morgen erwachte sie neben Franz. Er schlief neben ihr, als ob nichts passiert wäre. War alles nur ein böser Traum gewesen? Sie ging ins Vorzimmer. Die Schildkröte war nicht an ihrem Platz. Am Balkon lehnte ein Christbaum im Netz. Da hörte sie, wie  Franz die Kaffeemaschine in der Küche startete. Sie ging zu ihm. „Guten Morgen,“ sagte er, als wäre nichts geschehen. Aber Franziska wollte ansprechen, was da gerade passierte. Sie fühlte eine unbestimmte Angst in sich aufsteigen. Sollte sie schweigen, um nicht ihr Glück zu riskieren?

Dann nahm sie aber allen ihren Mut zusammen und sprach aus, was sie quälte: „Du bist respektlos zu meinen Freundinnen, benimmst dich mir gegenüber wie ein Kleinkind, schleichst dich nachts aus der Wohnung, hebst nicht ab, wenn ich dich anrufe und entführst meine Schildkröte? Du glaubst wohl, du kannst das mit einem großen Weihnachtsbaum wieder gut machen?“

„Es tut mir leid! Du hast ganz recht. Ich war so böse, dass du dich gut mit deinen Freundinnen unterhältst, während ich gestern so einen schrecklichen Tag in der Firma hatte. Ich wollte deine Schildkröte in den Fluss werfen aber dann fiel mir ein, dass das unser erstes gemeinsames Weihnachten ist und ich auf dem besten Wege bin, es zu zerstören.“ Franz hielt ihr die Schildkröte hin. „Komm, lass und kuscheln!“ bat Franz und wollte Franziska in den Arm nehmen. Franziska packte die  Schildkröte, drehte sich um und verließ die Wohnung. Das war also ihr drittes Adventwochenende. Wie sollte es da Weihnachten werden?

Auf der Straße kam ihr eine ihrer Freundinnen entgegen. Franziska konnte nicht anders und erzählte, was sich ereignet hatte. Da zog ihre Freundin den Folder von der Frauenberatungsstelle aus der Tasche. „Schau,“ sagte sie, „du solltest dir professionellen Rat holen. Wenn du dort hingehst, oder anrufst, wirst du sofort eine  Krisenberatung bekommen. Das wird dir guttun. Da bin ich ganz sicher.“ Wie ein Weihnachtsgeschenk nahm Franziska den Folder an und bedankte sich herzlich.
„Und jetzt gehen wir erst einmal auf einen Kaffee!“

Sie müssen nicht warten, bis Ihnen das Christkind begegnet.
Holen Sie sich rechtzeitig Hilfe! Vertrauen Sie auf Ihr Bauchgefühl!
Frauenberatungsstelle Leibnitz: 0677/644 98 325
Frauennotruf: 0800/222 555
Polizei: 133